Rechtliches: Jungtierverkauf

Der Jungtierverkauf durch den Gelegenheitszüchter

© Rechtsanwalt Frank Richter, Heidelberg

Der vorliegende Beitrag befasst sich im wesentlichen mit dem Problem, vor dem nach Einführung des neuen Schuldrechts jeder Hobbyzüchter stehen dürfte:


Wofür haftet man?

Diese Frage ist leider nicht mit einem Satz zu beantworten.

Die Haftung des Tierverkäufers – ob Händler oder privater Züchter – ist sehr varianten- und umfangreich, die Rechte des Käufers entsprechend vielgestaltig.


Woran der Verkäufer eines Jungtieres denken sollte…

Vorab:
Es ist nicht nur ein gut gemeinter Rat, sondern ein unbedingtes Muss für den privaten Tierverkäufer, einen schriftlichen Kaufvertrag zu schließen.

Hier kommt es dann darauf an, die zutreffende Formulierung für den Ausschluss möglicher Ansprüche des Käufers auf Grund der Mängelhaftung des Verkäufers zu finden. Es reicht eben nicht aus, lediglich die Formel zu verwenden: „Gekauft wie besehen“.
Bei einer solchen Regelung hat der Käufer dann weiterhin die Möglichkeit, Ansprüche wegen versteckter Mängel geltend zu machen, die bei einer oberflächlichen Besichtigung nicht erkennbar waren.

Es empfiehlt sich daher in etwa wie folgt zu formulieren: „Das Tier wird verkauft unter Ausschluss jedweder Mängelhaftung einschließlich möglicher versteckter Mängel, unabhängig davon, ob derartige Mängel zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses oder aber zum Zeitpunkt der Ablieferung vorliegen.“


Die rechtliche Ausgangslage:

Rechtsmängel sind bei Tieren kein besonderes Problem, schon alleine wegen der Seltenheit dieser Fallkonstellation.

Der Sachmangel

Nach dem neuen Recht ist das gekaufte Tier frei von Sachmängeln zu liefern (§ 433 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das ist dann der Fall, wenn das Tier beim Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat, oder wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. Vereinbaren die Parteien im Kaufvertrag zum Beispiel das Tier ist „gesund“, „zuchttauglich“, „verladefromm“, dann sind darin Beschaffenheits- bzw. Verwendungsvereinbarungen zu sehen, die das Tier bei Nichtvorliegen mangelhaft machen.

Sofern keine Vereinbarungen über die Beschaffenheit oder die beabsichtigte Verwendung des Tieres getroffen worden sind, ist die „gewöhnliche Verwendung“ bzw. die „Beschaffenheit bei Sachen der gleichen Art“ maßgeblich.

Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass die Erheblichkeitsgrenze für die Berücksichtigung eines Mangels entfallen ist. Nach dem alten Recht berechtigt eine unerhebliche Minderung des Wertes oder der Gebrauchstauglichkeit nicht zu irgendwelchen Ansprüchen. Nach dem neuen Recht soll der Käufer die Möglichkeit haben, schon bei geringfügigen Mängeln Ansprüche geltend zu machen. Die Interessen des Verkäufers werden dadurch gewahrt, dass der Käufer bei geringfügigen Mängeln nicht vom Kaufvertrag zurücktreten, sondern lediglich mindern kann.

Ein Sachmangel ist dann gegeben, wenn eine der Partei ihre Verpflichtung aus § 433 I S.2 BGB nicht vertragsgemäß erfüllt.

Die Freiheit von Sachmängeln beurteilt sich nach § 434 BGB :
Bei Vorliegen einer ausdrücklichen oder konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung (keiner bloßen „Anpreisung“) über Zustand und konkrete Eigenschaften der Kaufsache kommt es auf die Eignung zum vertraglich vorausgesetzten Verwendungszweck, bei Fehlen einer Beschaffenheitsvereinbarung auf die Eignung für den gewöhnlichen (allgemein üblichen) Verwendungszweck an.

Öffentliche Werbeaussagen des Verkäufers, des Züchters oder Dritter erweitern die Sollbeschaffenheit der Eignung zur gewöhnlichen Verwendung um solche, die an sich nicht zu einer derartigen Beschaffenheit gehören, wenn der Verkäufer diese Aussagen kannte oder kennen musste.


Folgen von Mängeln der Kaufsache

Der Sachmangel muss bei Gefahrübergang, also mit der Übergabe des Tieres oder der Versendung auf Verlangen des Käufers, vorliegen.

Treten Mängel vor dem Gefahrübergang auf, richtet sich alles Weitere nach § 311a BGB. Der Verkäufer haftet dann nur auf Schadens- oder Aufwendungsersatz, wenn er ohne Verschulden nichts von dem Mangel wusste.

Wird nach dem Gefahrübergang wegen eines Mangels gestritten sind die §§ 434 ff BGB einschlägig.

Diese regeln, dass der Käufer zuerst dem Verkäufer die Chance geben muss, den Mangel zu beheben. Ansonsten verliert er alle Ansprüche gegen den Verkäufer.

Hierdurch wird das Primat der Vertragserfüllung eingeführt, die Durchführung des Vertrags ist vorrangiges Ziel des Gesetzes. Dies wird erreicht durch ein Stufenverhältnis für die Geltendmachung der Rechte aus § 437 BGB.


Erste Stufe ist immer die Nacherfüllung

Die erste Stufe ist die Nacherfüllung. Dies geschieht in Form der Mangelbeseitigung oder Ersatzlieferung gem. §§ 437 Nr.1, 439 Abs. 1 BGB, wobei der Käufer wählen kann, welche Möglichkeit für ihn günstiger ist.
Der Verkäufer kann die Art der Nacherfüllung nur ablehnen, falls sie für ihn unzumutbar ist, schließlich trägt der Verkäufer die Kosten der Nacherfüllung.

Als Nacherfüllung kann der Käufer entweder die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung eines mangelfreien (Ersatz-)Tieres verlangen. Die Forderung, ein mangelfreies (Ersatz-)Tier zu liefern, ist beim Tierkauf in der Praxis von untergeordneter Bedeutung, insbesondere wenn das Tier nicht allein nach rein äußerlichen Kriterien wie Größe, Farbe, Alter und Geschlecht gekauft werden.
Andererseits kann es sinnvoll sein, dem Verkäufer etwa dann die Möglichkeit der Mangelbehebung einzuräumen, wenn eine akute Erkrankung oder ein behebbarer Ausbildungsmangel vorliegt.

Den gesamten Aufwand im Rahmen der Nacherfüllung, wie zum Beispiel Transport des Tieres in eine Tierklinik oder zu einem Ausbilder, Tierarztkosten und die Unterhaltung während der Dauer der Nachbesserung hat der Verkäufer zu tragen.
Bei chronischen Krankheiten dürfte eine Mängelbeseitigung allerdings nicht möglich sein, diese sind meist nicht zu heilen, eine existierende degenerative Veränderung kann in vielen Fällen nicht beseitigt werden.


Rücktritt, Minderung und Schadensersatz

Die zweite Stufe kann dann Rücktritt oder Minderung sein. Zusätzlich oder daneben ist auch ein Schadensersatzanspruch, insbesondere hinsichtlich des Mangelschadens wie zum Beispiel des entgangenen Gewinns denkbar.

Hier ist darauf zu achten, dass das Wahlrecht - Rücktritt oder Minderung - nur einmal ausgeübt werden kann. Eine Änderung ist dann nicht mehr möglich.

Im Fall des Rücktrittes ist das Tier Zug um Zug gegen Erstattung des Kaufpreises zurückzugeben. Im Fall der Minderung ist zunächst festzustellen, wie hoch der Minderwert des Hundes ist. Als Minderwert wird die Differenz zwischen dem Pferd ohne den Mangel und mit dem Mangel angesehen.
Im Zweifel wird ein Sachverständiger die Wertfeststellung treffen müssen.

Die Rücktrittsvoraussetzungen im Einzelnen:


Für die Minderung gelten die gleichen Voraussetzungen wie für den Rücktritt.
Gegebenenfalls besteht ein Rückzahlungsanspruch des bereits gezahlten Kaufpreises.
Bei einer Minderung auf Null muss der Käufer die Kaufsache allerdings zurückgeben.


Als Schadensersatzvoraussetzungen sind zu nennen:


Bei Unmöglichkeit der Leistung und der Nacherfüllung bleibt dem Käufer nur der Schadensersatz, nun allerdings ohne Fristsetzung.

Dem Käufer steht in der Regel ein Schadenersatzanspruch zu, auch ohne eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt zu haben.
Nach der Konzeption des neuen Schuldrechts ist die Nachlieferung bei einem im Falle eines Jungtierkaufs vorliegenden Stückkauf nicht schlechthin unmöglich. Die Nacherfüllung ist möglich, soweit es sich um vertretbare Sachen handelt und die nachgelieferte Sache wirtschaftlich der ursprünglich geschuldeten entspricht.

Bei dem Kauf eines Tieres liegt ein solcher Fall aber in der Regel nicht vor.
Das Leistungsinteresse des Käufers kann meist nicht durch Nachlieferung eines gleichartigen, die gleichen wesentlichen Merkmale aufweisenden Tieres erfüllt werden, da sich zwei Tiere niemals so sehr gleichen können und es bei der Kaufentscheidung auch auf die Abstimmung zwischen Mensch und Tier aus Sicht des Käufers ankommen kann.
Dies kann weder der Verkäufer noch ein Gericht anstelle des Käufers entscheiden.

Wird Schadensersatz verlangt gibt es mehrere Möglichkeiten.
Zunächst ist der sogenannte „kleine Schadensersatz“, bei dem das Tier beim Käufer bleibt, dieser aber zusätzlich Ersatz des darüber hinausgehenden Schadens erhält, möglich.
Alternativ kann aber auch der sogenannte „große Schadensersatz“ geltend gemacht werden. Hier verzichtet der Käufer auf die Leistung, statt der Leistung bekommt er umfassenden Schadensersatz, dies jedoch nur bei einem erheblichem Mangel.


Vergebliche Aufwendungen

Anstelle des Schadensersatzes kann der Käufer auch den Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat und billigerweise machen durfte. Wer also zum Beispiel ein krankes Tier in Kenntnis des Vorliegens dieser Erkrankung erwirbt und es anschließend behandeln lässt, der kann, falls das Tier weitere Mängel hat, von dem Vertrag zurückzutreten und neben der Erstattung des Kaufpreises auch die Erstattung der Behandlungskosten verlangen.

Wenn das Tier an einer ansteckenden Erkrankung leidet und beim Käufer andere Tiere angesteckt hat, dann wird der in der Ansteckung weiterer Tiere liegende sogenannte Mangelfolgeschaden durch den Schadensersatzanspruch abgedeckt. Der Ersatz des Mangelfolgeschadens ist eigentlich kein Gewährleistungsrecht und unabhängig vom eventuellem Gelingen der Nacherfüllung.

Der Verzugsschaden bei Verzug mit der Nacherfüllung kann ebenfalls als Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden – auch wenn er auch ohne Mangel eingetreten wäre.


Vertretenmüssen

Voraussetzung für den Anspruch auf Schadensersatz bzw. auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen ist allerdings, dass der Verkäufer die Pflichtverletzung, die zu Rücktritt oder Minderung berechtigt, zu vertreten hat.

Zu vertreten haben bedeutet, dass der Verkäufer die Mangelhaftigkeit des Tieres zumindest fahrlässig verursacht haben muss. Das ist dann nicht der Fall, wenn der Verkäufer von den Mängeln keine Kenntnis hatte.
Ein Verkäufer, der ein Jungtier aus bester Zucht in gutem Glauben als brauchbar verkauft hat, haftet dem Käufer zwar falls das Tier krank ist und muss das Tier unter Umständen zurücknehmen bzw. einen Minderungsanspruch gegen sich gelten lassen, er haftet allerdings nicht auf Schadensersatz oder Ersatz vergeblicher Aufwendungen des Käufers, da er die Unbrauchbarkeit des Tieres nicht schuldhaft verschwiegen hat.

Der Verkäufer ist beweisbelastet dafür, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

Interessant für den Käufer ist die Garantiehaftung. Hat der Verkäufer eine Garantie übernommen, haftet er verschuldensunabhängig für alle Folgen fehlender garantierter Eigenschaften.


Haftungsausschlüsse

Der Verkäufer haftet zwei Jahre ab dem Zeitpunkt der Übergabe des Tieres, bei arglistigem Verschweigen sogar drei Jahre ab Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis des Käufers vom Mangel, höchstens aber zehn Jahre ab Entstehung des Anspruchs.
Abweichende Vereinbarungen sind außer für Vorsatz und Arglist möglich, Einschränkungen gelten aber beim sogenannten Verbrauchsgüterkauf, der bei der hier zu besprechenden Thematik aber nicht von Interesse ist. Ein Privatmann als Verkäufer kann die Verjährung bis zum Ausschluss der Verjährung verkürzen.

Vorgedruckte Verträge – auch Muster aus Zeitschriften – gelten nach ständiger Rechtsprechung des BGH immer als AGB, auch wenn der Verwender sich die Mühe gemacht hat, den Vertrag abzuschreiben. Durch sie kann daher die Haftung auch unter Privaten nicht vollständig ausgeschlossen werden. Dies geht nur durch einen individuellen Vertrag.

Sämtliche vorstehende Ausführungen gelten dann nicht, wenn der Käufer vor dem Kauf Kenntnis von den Mängeln hatte. Dann kann er aus diesen Mängeln keine Ansprüche ableiten, wohl aber aus anderen Mängeln.

Wenn der Verkäufer arglistig war, also einen ihm bekannten Mangel bewusst verschwiegen hat, dann haftet er in jedem Fall und ein eventuell vereinbarter Gewährleistungsausschluss bleibt wirkungslos.

Ein Haftungsausschluss ist möglich, wenn der Käufer den Mangel bei Vertragsschluss kennt. Gleiches gilt bei grob fahrlässiger Unkenntnis des Mangels, es sei denn, der Verkäufer hat den Mangel arglistig verschwiegen oder die Garantie für eine Eigenschaft übernommen.

Außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs sind die meisten einschlägigen Vorschriften weitgehend dispositiv. Grenzen der Gestaltungsfreiheit sind lediglich Garantieeinschränkung und Vorsatzfreizeichnung.


Konsequenzen der Gesetzesänderung für die Gestaltung von Verträgen

Folgen für den Tierhandel

Der Tierhandel muss sich auf die Situation einstellen und neue Wege gehen, um Gewährleistungsrisiken angemessen zu reduzieren beziehungsweise zu verteilen und Unklarheiten zu vermeiden. Dabei wird der professionellen Gestaltung des schriftlichen Kaufvertrages größere Bedeutung zukommen als bisher und der Zustand des Tieres bei der Übergabe wird sorgfältiger dokumentiert werden müssen.

Was bisher nur aus anderen Rechtsgebieten bekannt ist, wird sicherlich nun auch im Tierhandel Einzug halten. Das von Verkäufer und Käufer unterschriebene Übergabeprotokoll dokumentiert den Zustand des Tieres zum Zeitpunkt der Übergabe. Wenn das Tier nämlich nachweislich zum Zeitpunkt der Übergabe in Ordnung war, ist eine Haftung des Verkäufers ausgeschlossen. Das Übergabeprotokoll hat hier erheblichen Beweiswert.

Es ist bei der Vertragsabfassung unbedingt darauf zu achten, dass alle Absprachen vollständig schriftlich fixiert werden und keine mündlichen Nebenabreden getroffen werden.

Der Verkäufer muss alle Mängel und Eigenarten des Tieres dokumentieren, Zurückhaltung bei Beschreibungen und Werbeaussagen üben und Erwartungen des Käufers beachten da sie den vertraglich vorausgesetzten Zweck bestimmen.

Eine sorgfältige Ankaufs- und/oder Verkaufsuntersuchung nebst vollständiger Dokumentation im Attest sollte selbstverständlich sein.

Die Untersuchung kann als aufschiebende Bedingung für den Kauf vereinbart und die Kostentragung der Untersuchung geregelt werden.

Alles, was vertraglich fixiert ist kann später den Ausgang eines Prozesses beeinflussen. Da Zeugen oft unsicher in ihrer Wahrnehmung und Erinnerung und Sachverständigengutachten immer kostspielig sind gilt es alles zu unternehmen, um diese zwei nachteiligen Beweismittel überflüssig zu machen, wohl wissend, das dies selten gelingen kann.

Eine Rechtsschutzversicherung kann die nicht unerheblichen Prozessrisiken, die durch die Notwendigkeit von Gutachten ggf. verschärft werden, abfedern. Denn auch der Prozessgewinner kann auch nicht unerheblichen Kosten sitzen bleiben, wenn der Schuldner nicht liquide ist.


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